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Handgemachte Keramik von Dorfkind für das Boutique-Hotel Blaue Burg
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Linda Pezzei

CharakterKeramik: ein Gespräch über Geschirr, Genuss und gemeinsame Werte

Gäste bewirten bedeutet für Simon Schlachter mehr als die Zubereitung von Gerichten: „Kochen ist Handwerk, Kunst und Hingabe.“ Und wie bei jeder guten Komposition zählt auch bei einem Menü nicht nur das Zusammenspiel der Aromen, sondern auch der Rahmen, in dem sie erklingen. Kein Wunder also, dass sich immer mehr Spitzenköche ihre Teller, Schalen und Tassen individuell fertigen lassen – passend zu ihren Kreationen: mit Gefühl, Präzision und Charakter.

Keramik trifft
Sterneküche
Thunfisch-Sashimi by Simon Schlachter

Gerade in der gehobenen Gastronomie wird die Kombination von Form und Inhalt immer bewusster inszeniert. Die Wahl der Keramik ist längst Teil des kulinarischen Konzepts – „beim Dinner im Restaurant es:senz beim 3-Sterne-Koch Edip Sigl ist uns das so richtig bewusst geworden“, erinnert sich Simon, wie er auf die Keramikerin Manuela Hollerbach aus Höslwang aufmerksam wurde. „Bei einem spontanen Besuch am nächsten Tag haben wir uns dann endgültig in die kleinen Kunstwerke im Atelier DØRFKIND verliebt und entschieden: das passt zu uns auf die Blaue Burg.“

Wer einmal Ravioli mit Nussbutter aus der tiefen Schale gelöffelt oder das Mascarpone-Pistazien-Törtchen auf dem perfekten Teller serviert bekommen hat, der weiß: Das Auge isst nicht nur mit – es lässt die Augen strahlen und das Herz hüpfen. In der Blauen Burg wird dieser Gedanke konsequent weitergedacht. Der Sternekoch lässt sich seine Keramik abgestimmt auf Menü, Material und Idee eigens anfertigen. Warum das mehr ist als bloße Ästhetik? Weil sich damit eine Haltung zeigt. Und weil man als Gast sofort spürt: Hier ist alles echt. Und alles im Einklang.

Ein Treffen mit Sternekoch Simon Schlachter und Keramikerin Manuela Hollerbach von DØRFKIND.

Simon:

Meine Vision war es, Geschirr mit Seele zu haben. Und du, Manuela, hast mit deiner Handarbeit und deiner Liebe zu jedem Teller ein Unikat gestaltet! So wie wir auch Umbauten in der Blauen Burg immer persönlich machen und mit unserer Leidenschaft spicken – das Geschirr ist für uns mehr als nur eine Bühne für gutes Essen. Es ist ein Ausdruck unserer Haltung: bewusst gestaltet, mit Sinn für Schönheit und Wertschätzung.
Sabi und ich wollten Teller und Tassen schaffen, die sich nicht in der Masse verlieren, sondern auffallen – durch leise Eleganz, spürbare Haptik und ehrliches Handwerk. Jeder Teller und jede Tasse erzählen eine eigene kleine Geschichte. Und werden bei jedem Frühstück oder Menü zum Begleiter eines besonderen Moments.

Manuela:

Ich weiß noch, wie du mir bei unserem ersten Treffen deine Vorstellungen geschildert hast – da hatte ich sofort ein Bild im Kopf, in welche Richtung es gehen könnte. Und der Besuch auf der Blauen Burg hat das nochmal konkretisiert. Die Farbvorstellung war ziemlich klar, die Formensprache auch. Es war direkt ein stimmiges Gefühl.

Simon:

Und wie lief das dann eigentlich weiter – vom ersten Gespräch bis zur finalen Serie?

Manuela:

Am Anfang steht bei mir immer eine Idee. Mit deiner kamst du ja zu mir – schwarzer Ton und eine helle, matte Glasur. Die Formen waren da noch nicht festgelegt. Die Überlegungen gingen von sehr geradlinig-geometrisch bis hin zu bauchig-rund. Ich habe dann angefangen, verschiedene Alternativen als Muster für die verschiedenen Teile der Serie anzufertigen – so, dass sie in sich stimmig sind. Einige Größen und Volumen hattest du schon vorgegeben, andere hab ich passend ergänzt.
Parallel dazu habe ich Testreihen für die neue Glasur gemacht. Ich hatte zwar schon mit schwarzem Ton gearbeitet, aber bisher nur mit meinen Bestandsglasuren. Ein mattes Off-Weiß war nicht dabei. Es war ziemlich schwierig, eine Basis zu finden, die durch den schwarzen Ton nicht bräunlich verfärbt im Brand.
Als die ersten Muster fertig waren, haben wir uns ja getroffen und darüber diskutiert. Bei den Formen war die Entscheidung schnell klar, da ging’s nur noch um Feintuning bei den Größen. Die Glasur war dagegen noch weit entfernt vom Ziel – also nochmal viele Testreihen. Und man weiß ja nie, wie lange es dauert, bis ein zufriedenstellendes Ergebnis rauskommt, das dann auch den technischen Anforderungen entspricht – wie Ritzhärte, Säurebeständigkeit, Lebensmittelechtheit.

Simon:

Ja, aber das Ergebnis spricht für sich. Die Wahl des richtigen Tellers ist für uns weit mehr als Dekoration – sie ist Teil des Gesamterlebnisses. Klar, der Geschmack steht immer an erster Stelle. Aber gleich danach kommt die Optik. Ein schönes Gericht verdient auch eine Bühne, die es unterstreicht – und dafür braucht es das passende Geschirr.
Ich sag immer: Der Teller rundet das Ganze ab. Gerade bei modernen Gerichten wie Bowls ist es entscheidend, dass Form und Funktion zusammenpassen. Der Löffel soll durch alle Schichten gehen können – von oben bis unten – und am Ende soll alles auf einem Löffel sein. Deshalb haben wir viele kleine Schälchen, tiefere Bowls, aber auch flache, großzügige Teller, die dem Gericht Raum geben, sich zu entfalten.
Wir arbeiten inzwischen mit mehreren kleinen Keramikwerkstätten zusammen – wichtig ist, dass sie unsere Werte teilen. Der Teller soll das Gericht nicht nur halten – er soll es vollenden.

Manuela:

Und ich finde, genau das transportiert die Serie für die Blaue Burg. Sie erinnert an das natürliche Umfeld, an Felsen und Steine, matte Farbtöne, wie man sie in der Natur findet. Das rohe, zum Teil unglasierte Material, die Schattierungen in der Glasur – das spiegelt die Umgebung wider. Die Formen sind natürlich, fast organisch, und liegen gut in der Hand. Ein rustikaler Touch, aber trotzdem elegant.
Ich glaub, Ludwigs Geist wäre das vermutlich zu schnörkellos. (lacht)

Simon:

(lacht) Ja, wahrscheinlich. Aber genau das ist ja unser Stil. Sag mal: Hast du ein Lieblingsstück?

Manuela:

Ich finde alle Teile schön – aber besonders die Espresso- und Cappuccinobecher. Da haben wir die Glasur auch außen hochgezogen, anders als bei den anderen Teilen. Das ist nochmal ein spezieller Twist. Etwas, das vielleicht nicht jeder sofort bemerkt – aber mir liegt das Detail besonders am Herzen.

Simon:

Für mich ist’s schwer zu sagen – weil jeder Teller für sich ein kleines Bühnenbild ist. Aber wenn ich einen Perfect Match benennen müsste, dann wär’s unser pochiertes Ei mit Kräuterrahm, Bergkäse und geröstetem Sauerteigbrot. Serviert in einer unserer handgemachten, offenen Schalen – schwarzer Ton, helle Glasur.
Warum? Weil dieses Gericht genau das verkörpert, was uns wichtig ist: Regionalität, Tiefe im Geschmack und eine gewisse Ruhe im Teller. Die Schale lässt genug Raum, aber konzentriert den Blick auf das Wesentliche. Und man kann mit dem Löffel durch jede einzelne Schicht gehen – vom Ei bis zur knusprigen Brotnote – und bekommt mit jedem Bissen ein vollständiges Erlebnis. Genau dafür ist unser Geschirr gemacht: nicht nur zum Servieren, sondern zum Erzählen.

Manuela:

Und dieses Erzählen verbindet ja auch unsere beiden Handwerke. Ich finde, das Ursprüngliche und Handgemachte lässt sich leichter wertschätzen – weil man genau weiß, woher es kommt, wie viel Herzblut drinsteckt. Man trifft die Auswahl bewusster und trennt sich nicht so schnell wieder davon.
Ich lege viel Wert auf regionale Bezüge, auch wenn ich meine Farbpalette bewusst reduziert halte. Und ich lasse Einflüsse aus Reisen oder anderen Bereichen einfließen – am Ende entsteht immer etwas ganz Individuelles.

Simon:

Ich finde, das ist eigentlich ganz einfach: Ob am Herd oder in der Werkstatt – beides ist echtes Handwerk. Menschen erschaffen mit ihren Händen etwas Besonderes. Unsere Gerichte sind ein Genuss für den Moment. Aber der passende Teller dazu, der begleitet uns über Jahre.
Und wenn mal einer runterfällt – dann landet er nicht im Müll. Wir kleben ihn, übermalen die Bruchstelle mit Gold. So geben wir ihm eine zweite Chance – und zeigen, wie wertvoll uns das Ganze ist. Wir wollen nicht ständig ersetzen. Wir wollen erhalten. Wertschätzen. Und auch die kleinen Brüche sichtbar machen – als Teil der Geschichte.

Manuela:

Sag mal, wenn du selbst einen Teller formen würdest – wie sähe der aus?

Simon:

(lacht) Im Prinzip mach ich das ja eh schon – jeder Teller, jede Tasse, alles bei uns ist kundenindividuell, trägt unsere Handschrift. Und deine natürlich auch – es ist wirklich ein gemeinsames Projekt, bei dem was Tolles entsteht.

Simon:

Und du? Wenn du ein Gericht für deine Teller machen dürftest – was würdest du servieren?

Manuela:

Puh… vermutlich was Knalliges. Safranfäden, Kakifrucht oder Mango mit Granatapfelkernen. Vielleicht ein weißfleischiger Fisch, gegrillt. Dazu eine ölige Sauce, dekoriert mit filigranen weißen Bärlauchblüten… Du lachst mich jetzt aus, oder?

Simon:

(lacht) Nein, überhaupt nicht – ich würd’s sofort auf die Karte setzen!

Manuela:

Und wenn unsere Keramikserie einen Namen hätte?

Simon:

Du hast deinen Laden DØRFKIND genannt – und ich bin auf dem Falkenstein aufgewachsen, ein richtiges Bergkind. Ich find, das wär doch eine schöne Idee: Dorf & Berg. Manuela im Tal, ich oben am Berg.

Manuela:

Mag ich sehr. Und die runden Formen heißen bei mir übrigens „Lotte“. Alle Formen haben bei mir Vornamen – damit ich sie sofort zuordnen kann.

Handgemachte Keramik – von der Drehscheibe bis zum Teller

Fact-Box

Manuela von Dorfkind Keramik beim Töpfern
#1 Fact

Wie lange dauert der Prozess vom Ton zum fertigen Teller?

Manuela: „Ganz schön lang – und er ist mit viel Handarbeit verbunden.“

  1. Ton wird gedreht
  2. Antrocknen lassen
  3. Im lederharten Zustand abdrehen
  4. Fertig trocknen lassen
  5. Schrühbrand
  6. Schleifen
  7. Glasieren
  8. Glasurbrand
  9. Abkühlen

Das dauert mehrere Wochen – Geduld gehört dazu.

Espresso-Zubehör aus Keramik von Dorfkind
#2 Fact

Hotelalltag: Robust & bereit für den Einsatz

  • Spülmaschinenfest
  • Backofengeeignet (aber: nicht heiß auf kalten Untergrund stellen!)
  • Mikrowellengeeignet? Nicht getestet – Manuela hat selbst keine Mikrowelle.
  • Kratzfest Die Oberfläche ist robust – trotzdem gilt: mit Liebe behandeln.
Gesamte Keramik-Serie Berg & Tal von Dorfkind Keramik
#3 Fact

Nachhaltigkeit & Regionalität

„Kauft weniger, sucht es sorgfältig aus, lasst es beständig sein.“
– Vivienne Westwood

Manuela über ihre Haltung:

Nachhaltigkeit bedeutet für mich vor allem: langlebig und zeitlos gestalten. Meine Stücke entstehen in meiner Werkstatt in Höslwang – und sind nur dort oder in unserem regionalen Concept Store für handgefertigte Unikate erhältlich. Kurze Wege, klare Haltung.“

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